Page 8 - Eva Holzmair: Der Verdrüssliche (Leseprobe)
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Carola Broggiato kramt umständlich nach dem Tablet.
Schon wieder hat es sich verheddert. Weil sie immer alles
ins gleiche Fach geben muss! Energisch schüttelt sie den
kleinen PC, bis der Schlüsselbund runter und zurück in
die Tasche fällt. Schön pomali, Frau Hofrat, hat der Arzt
gesagt. Der hat gut reden. Viel Zeit bleibt ihr nicht. Doch so
hektisch braucht sie auch wieder nicht zu sein. Was macht
sie überhaupt hier? Antworten auf die Fragen, die sie seit
heute Morgen bedrängen, wird sie keine finden, aber Hilfe
beim Ordnen der Gedanken. Carola atmet tief durch und
streicht kreisend über die unangenehm spannenden Ope-
rationsnarben, ehe sie zu den Plastiken im hinteren Teil der
Eingangshalle schlendert.
Links der Mann. Rechts die Frau. Ein vertrauter Anblick.
Auch Wilfried bevorzugte die linke Seite. Im Bett. Eigent-
lich die rechte, von ihm aus gesehen, aber links, wenn sie
davorstand und ihn anschaute. Anfangs erregt, später resi-
gniert. Die Übergänge zwischen – endlich! – und – nicht
schon wieder! – waren unmerklich aber stet verlaufen,
während sie zusehends die Orientierung verlor. Aus die-
sem Irrgarten musste sie erst finden. Das hat sie geschafft.
Ja doch! Oder bildet sie sich das bloß ein? Heute Mor-
gen ihr Leeranruf. Hat sie tatsächlich geglaubt, Wilfried
würde abheben?
Schluss damit! Darüber nachzudenken, bringt nichts.
Nur irgendwie hängt alles zusammen. Wilfried. Der
Messerschmidt -Kopf. Die beiden Statuen vor ihr. Als
eherne Zeugen einer anderen Welt haben sie Carola beglei-
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