Page 7 - DRACHENFLUG - Die Fabel vom Drachen des Regenbogens (Sylvia Grünberger, Karina Pfolz)
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Es ließ sich also kaum vermeiden, aufzustehen, um ein
Glas Wasser aus der Küche zu holen. Limonade gab es
sicher keine mehr. Aber womöglich befand sich eine
Flasche Cola im Kühlschrank? Er konnte ja behaupten,
er habe es nicht eiskalt getrunken. Außerdem war
durch absolut nichts bewiesen, dass man von eisge-
kühlten Getränken tatsächlich stärkere Halsschmerzen
bekam als von lauwarmen. Ein Halsschmerzenmessge-
rät nach kalten und warmen Getränken hatte sicher
noch keiner erfunden.
Der Beinahe-Verdurstende schwang gerade seine
Beine aus dem Bett, als ihm einfiel, dass er ja gar nicht
allein zu Hause war. Seine Eltern hatten doch diese chi-
nesische Studentin beauftragt, ihn zu hüten! Wo
steckte sie eigentlich?
Suchend blickte er sich im Zimmer um. Der Raum
lag im Halbdunkel, die etwas zur Seite gedrehte
Schreibtischlampe beleuchtete seinen leeren roten
Schaukelstuhl. Ein aufgeschlagenes Buch wies darauf
hin, dass hier jemand gelesen hatte. Die Kinderzim-
mertür stand offen und von irgendwoher drang ein va-
ger Lichtschimmer herein.
»Wahrscheinlich hockt sie vor dem Fernseher im
Urheberrechtlich geschütztes Material
Wohnzimmer!«, murrte Thomas.
Obwohl es natürlich völlig unnötig war, dass diese
fremde Studentin seinen Schlaf bewachte, ärgerte ihn
der bloße Gedanke, dass sie jetzt womöglich einen
Spielfilm im Fernsehen sah, während er verdrossen
und durstig im Bett liegen musste.
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