Page 7 - Renate Zawrel: Zuckerwatte und Christbaumherz
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Ein  unterdrücktes  Schnauben  war  die  Antwort.  Georgina  Häusler
          musste wohl oder übel den Schlüssel ins Schloss stecken und das Tor
          öffnen.
          Erneut  wurde  nach  Hannah  gerufen,  diesmal  allerdings  von  einer
       Urheberrechtlich geschütztes Material
          dreizehnjährigen Schülerin. »Warte auf mich. Ich fahre gleich mit dir
          mit.«
          »Jasmina!«,  tadelte  Georgina  umgehend.  »Seit  wann  duzen  wir  das
          Lehrpersonal?  Und  –  deine  Schnürstiefel  sind  nicht  richtig
          gebunden.«
          Das  Mädchen  wollte  zu  einer  Entgegnung  ansetzen.  Im  gleichen
          Augenblick  spürte  sie  einen  leichten  Klaps  an  der  Wade.  Hannah
          hatte sich gebückt und war dabei, die Masche zu binden. Der Klaps
          sollte den Widerspruchsgeist der Schülerin bremsen.
          »Die  Masche  könntest  du  schon  allein  zustande  bringen,  Jasmina«,
          herrschte  die  Heimleiterin  prompt.  »Warum  überhaupt  ziehst  du
          deine guten roten Stiefel an? Die werden nur schmutzig!«
          »Weil  ihr  damit  nicht  so  kalt  in  den  Füßen  wird?«,  provozierte
          Hannah mit ihrer Frage.
          Mit einer theaterreifen Verbeugung verabschiedete sie sich anschließend
          und  eilte  aus  dem  Haus.  Jasmina  zog  sie  lachend  an  deren  Schal
          hinterher. Kichernd liefen die beiden zu dem wartenden Kleinbus.
          Vom oberen Absatz der Treppe ertönte unterdrücktes Gelächter, das
          rasch wieder verebbte.
          »Sie  ist  fast  geplatzt,  als  Hannah  in  diesem  Aufzug  runterkam«,
          verriet Thomas den herbeigeeilten Zimmerkollegen, die das Geschrei
          der ›Schreckschraube‹ angelockt hatte.
          »Haben  wir  toll  hingekriegt,  die  Frisur,  nicht  wahr?«,  freute  sich
          Andrea, die mit ihren Freundinnen im Gang auftauchte.
          »Ja, echt edel«, pflichteten die Jungs bei und applaudierten, allerdings
          nicht  allzu  laut,  denn  ›aufs  Korn  genommen‹  wollten  sie  von  der
          Heimleiterin auch nicht werden.

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