Page 7 - Karin Schobesberger: Ohne Gott wär ich am Arsch
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Wie alles begann







            Bereits im zarten Alter von vier Jahren war mir sonnenklar, wie mein
            Leben verlaufen würde. Meine Mutter überreichte mir, als ich mit der
            Arbeit an diesem Buch begann, eine große, mit kindlichen Motiven ver-
            zierte Mappe. Darin befanden sich alle Zeichnungen, die ich im Kinder-
            garten angefertigt hatte. Ich fand es schön, dass Mama die Bilder über
            all die Jahre aufbewahrt hatte, und öffnete die Mappe neugierig, um zu
            sehen, was ich vor fast fünfzig Jahren so gezeichnet hatte.
              Heute würde man mit dieser Vierjährigen wohl bei einem Therapeuten
            vorstellig werden, aber Anfang der Siebzigerjahre des vorigen Jahrhun-
            derts schien es noch keine große Sache zu sein, dass ich ausschließlich
            ein einziges Motiv zeichnete. Die Mappe war voll mit Bildern, die alle-
            samt ein Haus mit Garten zeigten. Das Haus beherbergte eine Familie
            aus Vater, Mutter und Kindern. Je nach Laune hatte ich vor dem Haus
            eine Schaukel, einen Baum, einen Hund, ein Pferd oder eine Wäscheleine
            gezeichnet. Saisonal bedingt und vermutlich angeregt durch die Erziehe-
            rin, waren auf manchen Blättern auch ein Nikolaus oder ein Osterhase
            abgebildet. Niemals jedoch ohne Haus, Garten, Familie, Hund, Pferd
            oder Wäscheleine. Die Familie, die im Garten aufgereiht dastand und die
            krakeligen Strichhändchen mit den Strichfingern in die Luft streckten,
            schien sehr glücklich zu sein – soweit man es den Zeichnungen einer
            Vierjährigen entnehmen konnte.
              Das, was ich mir vom Leben wünschte, war deutlich an den frühen
            Kunstwerken erkennbar. Eine Familie, ein Haus mit Garten, ein Pferd,
            einen Hund und – eine Wäscheleine.
              Auch als ich älter wurde, änderten sich die Träume für mein Leben
            nicht  großartig.  Zwar machte  ich mir mit  zunehmendem  Alter  etwas
            mehr Gedanken darüber, wie und wann die Dinge kommen würden, die
            ich plante, aber grundsätzlich blieben die Familie und das Haus als dring-
            lichste Lebenswünsche auf meiner Agenda.
              In jungen Jahren, als Kind und Teenager, war ich in meinem Heimatort
            in die evangelische Pfarrgemeinde eingebunden. Ich besuchte regelmä-
            ßig Kindergruppen, Kindergottesdienste und die Jungschar. Das gefiel

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