Page 5 - Eva Holzmair: Der Verdrüssliche (Leseprobe)
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Prolog







            An einem heißen Frühsommertag des Jahres 1781 schaut
            ein in zerschlissenen Beinkleidern und fleckigem Schurz
            gekleideter Mann mit flackerndem Blick hoch zur Decke
            seines Hauses im Preßburger Vorort Zuckermandel und
            flucht:
              »Ihr Flöhbeutel, ihr erbärmlichen! Aus dem Hinterhalt
            dalcken, das könnt ihr gar bald, aber aufrecht kämpfen,
            nein. Zur Höll mit euch Galgenschwengel, vermaledeites
            Gesindel!«
               Seine Stirnadern treten hervor, er reckt das Kinn, zieht
            am Strick, den er um seinen Hals gezurrt hat. Die Haut
            wund gescheuert, blutig. Krämpfe durchzucken sein
            Gesicht. Der Adamsapfel rast auf und ab. Schlucken. Er
            muss schlucken. Itzo.
              »Ahhh.«
               Der Schlund ist frei. Bis dorthin sind die Geister noch
            nicht vorgedrungen, nur im Gesicht, im Nacken, da toben
            sie sich aus. Er schließt die Augen, reißt sie aber sofort wie-
            der auf. Er darf nicht erlahmen. Das wäre fatal. Die Luft
            erzittert, Blitze blenden ihn. Wer ist dareingefahren? Etwa
            gar die Affengesichter? Dort drüben am Fenster hocken sie.
            Wie höhnisch sie lachen.
              »Wartet nur, ihr Schandmäuler!«
               Er fasst nach winzigen Stöckchen und versucht, sie zwi-
            schen die Unter- und Oberlider zu klemmen. Immer wie-
            der rutscht er ab, weil das Holz so fein abgerundet ist, die
            Hände gar wüst zittern und die Lider zucken. Sie wollen
            nicht festgehalten werden. Endlich hat er es geschafft.


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