Page 6 - Rainer Güllich: Drei Morde – Ein Marburg- Krimi
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Es ging auch schon los: »Frau Krämer, was ist denn das hier bitte.
Sie sind angestellt, um hier alles reinzuhalten. Als ich sie eingestellt
habe, habe ich Ihnen gesagt, dass ich in meinem Büro alles picobello
sauber haben möchte. Das haben Sie doch verstanden? Oder wissen
Sie nicht, was picobello heißt? Da hätten Sie fragen müssen, wenn
das Ihre Schulbildung nicht hergibt. Hauptschule nicht ganz hinbe-
kommen, oder? Die Herkunft des Wortes ist einmal italienisiert aus
dem Italienischen ›schön‹ und aus dem Niederländischen für ›pük‹,
also piekfein. Ist das hier etwa piekfein und schön?« Sie zeigte auf
den Papierkorb. Annas Gesicht lief rot an, als die Chefin ihre Schul-
bildung ansprach. Anna war nie gut in der Schule gewesen, sie hatte
nur ein Abgangszeugnis der Hauptschule erhalten. Das wusste die
Chefin natürlich aus Annas Personalunterunterlagen. Aber musste
diese sie damit jetzt so bloßstellen? Sie wusste nicht, was sie sagen
sollte. Sie fühlte sich zutiefst gedemütigt.
»Nun machen Sie schon und bringen Sie den Müll raus. Auf was
warten Sie eigentlich?«
Das hatte Anna getan und war dann wie ein geprügelter Hund
wieder zurück ins Foyer, um die Toilette fertigzuputzen. Sie hatte
sich sehr geschämt. Am schlimmsten waren die Augen der Büroan-
gestellten gewesen, die sie betreten angeschaut hatten.
Das Büro lag direkt neben dem Sekretariat und war über den Flur
zu erreichen. Vom Büro der Chefin ging eine Tür zum Sekretariat
ab, damit diese ihre Angestellten direkt greifbar hatte. Etwaige
Besucher der Chefin konnten also direkt zu ihr gelangen, ohne
durch das Vorzimmer zu müssen. Ganz praktisch eingerichtet, auch
für Anna, die nicht gern durchs Sekretariat ging. Es reichte, wenn
sie da zum Putzen rein musste. Dort saßen zwei ›Tippsen‹, die ihr
unangenehm waren. Sie zogen andere, die ihrer Meinung nach in
der Hierarchie des Altenheims unter ihnen standen, gern auf. Lag
vielleicht daran, dass sie mit der Haupt nicht viel zu lachen hatten.
Anna klopfte an und horchte, ob von innen geantwortet würde. Es
kam keine Reaktion, also war die Chefin schon weg. Anna öffnete
die Tür, drehte sich zu ihrem Putzwagen und zog ihn in den Raum
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