Page 11 - Renate Zawrel: Zuckerwatte und Christbaumherz
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17. Kapitel
Daniels Deutschkenntnisse reichten aus, um dem Beamten klarzu-
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machen, dass sein Sohn aus dem Hotelappartement verschwunden
war. Etwas hielt ihn davon ab, seinen Verdacht auf eine Entführung
durch die verrückte Hannah zu äußern. Er griff auf Marthas viel
plausiblere Version zurück, dass David allein auf dem Weg zum
Christkindlmarkt war.
»Mitten in der Nacht?«, fragte der Polizist ungläubig.
Daniels Stimmung befand sich auf dem Nullpunkt. Die berechtigte
Frage des Beamten empfand er als Zweifel an seinem persönlichen
Verantwortungsbewusstsein dem Sohn gegenüber. Deshalb erwiderte
er in gereiztem Tonfall: »Gewiss! Er wollte bestimmt Zuckerwatte
kaufen.«
»Sir, that’s a serious question!«, ermahnte ihn der Beamte.
Daniel entschuldigte sich, sprach nun gleichfalls Englisch und lieferte
eine Erklärung, die hilfreicher war, um David zu finden: »Mein Sohn
wollte sich vermutlich von einer Verkäuferin verabschieden, einer
gewissen Hannah. Sie sieht aus wie eine Vogelscheuche und arbeitet
an einem Stand mit Plüschtieren.«
Glücklicherweise verstand Martha nicht, was ihr Neffe in Bezug auf
Hannah von sich gab. Sie stand neben ihm, nervös auf den Zehen
wippend und hoffte, dass man den Kleinen schnell fand. Auf die
Frage des Beamten, ob sie selbst schon auf dem Christkindlmarkt
gesucht hätten, antwortete Daniel: »Nein, meine Tante und ich waren
noch nicht dort.«
»Gut. Dann treffen wir uns in einer halben Stunde am benannten
Stand. Nehmen Sie den gleichen Weg wie gestern.«
Der Polizist legte den Hörer auf die Gabel und schüttelte den Kopf.
Wäre dies sein Kind, hätte er gleich an Ort und Stelle nachgesehen.
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