Page 17 - Eva Holzmair: Der Verdrüssliche (Leseprobe)
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arbeit über barocke Gartenarchitektur schrieb. Sie wertete
die Tatsache, dass Wilfried sie noch vor Studienabschluss
im Bundesdenkmalamt unterbrachte, als Beweis für seine
Zuneigung. Er hatte schon damals einen Plan. Einer wie
Wilfried hatte immer einen Plan, suchte gezielt nach Sub-
jekten und Objekten, die ihm nützlich sein konnten. Doch
beim Verdrüsslichen haben andere den Reibach gemacht.
4,3 Millionen Euro war der Kopf den Amerikanern wert.
Wilfried hatte ihn um einen Bettel gekauft. Waren es 8.000,
9.000 Schilling gewesen? Er hat ihr den Kaufbeleg einmal
gezeigt, datiert mit August 1960. Die Verkäuferin hatte das
Geld gebraucht. Dringend. Wilfried hatte es nicht gebraucht,
er konnte warten. Das war sein Geschäftsmodell: kaufen,
einbunkern und warten. Nur nicht zu viel herzeigen. Die
Auslagen seines Geschäfts in der Wiener Innenstadt waren
spartanisch geschmückt. Ein Ölbild. Zwei Leuchter. Mehr
nicht. Im Laden einige Putti, eine Mappe mit Zeichnungen
auf dem Biedermeiersekretär, vier oder fünf Gemälde an
der Wand. Die Sammler und Museumsleiter kamen auch
so. Ins Souterrain, wo die wahren Schätze lagerten.
Carola klickt den Link zum Getty-Museum weg. Diesen
Deal, den hast du nicht mehr über die Bühne gebracht. Bist
zu früh gestorben, nur irgendjemand hat in deinem Sinn
weitergemacht. Wer aller wurde hier betrogen? Und nun
ist der Verdrüssliche außer Landes, raunzt in Los Angeles
still vor sich hin, rümpft die Nase wegen der falschen Pro-
venienzangaben. Wer hat den Getty-Leuten eingeredet, der
Kopf wäre seit den 1920er-Jahren im Besitz deiner Familie
gewesen? Dein Sohn? Die Stiftung? Du warst es jedenfalls
nicht, hättest es aber kühl lächelnd getan, denn wer außer
mir hätte widersprechen wollen und vor allem können?
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