Page 13 - Eva Holzmair: Der Verdrüssliche (Leseprobe)
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der Hüfte liegend, locker gehalten, der kleine Finger abge-
spreizt, Hände und Arme bis zum Ellbogen nackt. Eine
mädchenhafte Frau, die mit dem Regieren zu spielen scheint,
im Gegensatz zu ihrem willensstarken Mann, der sich nicht
von seinem Ziel abbringen lässt.
Carola öffnet eine Seite auf ihrem Tablet … Erwerb von
Besitztümern … verfügte bald über ein riesiges Privatver-
mögen … auf seinen oberungarischen Domänen … Sie legt
die Hand aufs Display. Nicht weiterlesen. Diese Namen
sind abrufbereit in ihrem Hirn gespeichert. Holitsch und
Sassin, ja, so hießen sie, Franz Stephans Herrschaften in
Oberungarn. Carola atmet auf. Ihr Anruf bei Wilfried heute
Morgen. Das war im Schock. Sie weiß doch, wer wann
gelebt und was getan hat, und vor allem, wer schon verstor-
ben ist. Sie ist orientiert. Ihr Hirn funktioniert. Sie muss es
nur fordern. Noch hat die Chemo ihre Krankheit im Griff.
Dieses Zeitfenster muss Carola nutzen.
Sie schaut vom Tablet auf zu Franz I. Stephan von Loth-
ringen. Dieser zum Nichtregieren bestimmte Kaiser wusste,
wie man Macht anhäuft. Ein Kapitalist mit vielen Interes-
sen, aber vor allem lukrativen Geschäften, einem eigenen
Parallelimperium, das es ihm erlaubte, dem Staat Geld zu
leihen und den Grundstein für den Versorgungsfonds der
Habsburger zu legen. Das hat Messerschmidt erkannt und
dargestellt, nicht nur in der tradierten Haltung, sondern vor
allem in den Gesichtszügen des Mannes. So sehen fokus-
sierte Manager aus. Auch Wilfried hatte diese leicht brutalen
Mundwinkel. Auch er sah sich als Herr über eine Welt, von
der viele keine Ahnung hatten, und die, die davon wussten,
schwiegen, sie eingeschlossen.
Carola wechselt zurück zur Augusta Imperantibus, als
die sich Maria Theresia selbstbewusst auf dem Nordgiebel
der Schönbrunner Gloriette hatte eintragen lassen. Was für
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