Page 11 - Eva Holzmair: Der Verdrüssliche (Leseprobe)
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Verloren schaut sie auf die Statue, nein, ins Narrenkastl.
            Sie ist aber nicht gekommen, um zu träumen. Carola schal-
            tet das Tablet ein. Wie lang das immer dauert, bis so ein
            Ding einsatzbereit ist. Ihre Finger steppen auf dem Touch-
            screen. Der Verkauf des Verdrüsslichen. Das muss eine stra-
            tegisch geplante Transaktion gewesen sein. Sonst hätte es
            doch einen Aufschrei gegeben. Von Museumsdirektoren, die
            selbst daran interessiert waren. Von der Öffentlichkeit. Na
            ja, die soll man nicht überschätzen, aber irgendein Kultur-
            journalist hätte sich die Story gekrallt. Carolas Finger ver-
            langsamen den Rhythmus. Keine Auktion. Damit hätte der
            Rekorderlös die Runde gemacht. Nein, es war ein simples
            Geschäft. Hier die Ware, da das Geld.
               Gut eingefädelt, ein Deal in Wilfried-Manier, aber 2008 war
            Wilfried schon tot. Wilfried Hausladen, der Strippenzieher.
            Er hat so vieles bestimmt in ihrem und anderer Menschen
            Leben. Sie lernte Ja zu sagen und Nein zu meinen, sehr spät
            hingegen das zu sagen, was sie meinte, heftig noch dazu. Sie
            ertappt sich, wie sie bekräftigend nickt und der Statue zulä-
            chelt. Von Frau zu Frau. Die Hofrätin und die Herrscherin!
            Etwas hat sie der großen Monarchin voraus. Im Gegensatz
            zur sogenannten Kaiserin trägt Carola ihren Titel zu Recht,
            das Ernennungsdekret, unterzeichnet von Bundespräsident
            Klestil, ist zu Hause in der Dokumentenmappe, abgelegt
            zwischen Gehaltszetteln und dem Abschiedsschreiben zur
            Pensionierung. Sehr geehrte Frau Hofrat Broggiato, liebe
            Carola. Vorbei. Das eine wie das andere. Keine Sentimenta-
            litäten. Sie war es doch, die alle Verbindungen gekappt hat.
            Nur jetzt bräuchte sie Verbündete. In ihrem Zustand kann
            sie die Nachforschungen nicht alleine anstellen.
               Zwischen Carola und das Standbild drängt sich ein Pär-
            chen. Der junge Mann liest laut die Inschrift auf dem Sockel
            vor:


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