Herr Groll und die Wölfe von Salzburg

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Im neuesten gesellschaftskritischen Kriminalroman von Erwin Riess ermittelt der rollstuhlfahrende Privatermittler Herr Groll in Salzburg. Dabei konfrontiert Erwin Riess seine Leser*innen mit aktuellen Themen wie Umweltaktivismus, Rechtsextremismus und dessen Verdrängung bis in die Gegenwart. Und das mit skurrilen Szenen: Wölfe zerfleischen geistliche Würdenträger und gruselige, kopflose Puppen baumeln in Parks und auf den Plätzen. Alle haben ein „Salzburg Manifesto“ bei sich. Zudem soll Groll den verschwundenen Freund einer Fabrikantin und Festspielliebhaberin suchen. Der Roman entführt in eine finstere Vergangenheit und entwirft dystopische Zukunftsszenarien.

Erwin Riess: Herr Groll und die Wölfe von SalzburgAutor: Erwin Riess
Formate: Hardcover und E-Book
Seitenzahl: 212 Seiten
Verlag: Otto Müller Verlag
Auflage: 1 (September 2021)
ISBN: 978-3701312900

Website von Erwin Riess

Klappentext:

Dringende Ermittlungen führen Groll und seinen Gefährten, den Dozenten, nach Salzburg. Die Mutter des Dozenten, Fabrikantin und Festspielliebhaberin, vermisst ihren langjährigen Freund, einen Engländer, der im Vorstand eines weltumspannenden Rohstoffkonzerns sitzt. Sie befürchtet eine Entführung.

In der Woche vor Beginn der Festspiele ereignen sich seltsame Dinge: Sowohl im Innergebirg, in Werfen und Golling, als auch in der Stadt Salzburg tauchen am Domplatz, am Schloss Leopoldskron und an anderen touristischen Hotspots lebensgroße Puppen auf. Sie tragen englische Sakkos, manche sind ohne Kopf, aber alle haben ein „Salzburg Manifesto“ bei sich. Eine radikal-ökologische amerikanische Gruppe namens „Deep Green Revolution“ erklärt der umweltvernichtenden Großindustrie und dem Luxuskonsum den Krieg.

Während das Festspielpublikum und die Medien noch rätseln, ob es sich um eine Werbeaktion der Festspiele handeln könnte, tauchen übel zugerichtete menschliche Leichen auf. Panik breitet sich in der Stadt aus. Die Behörden tappen im Dunkeln. Schließlich verschwindet auch noch die Mutter des Dozenten. Groll ermittelt fieberhaft und stößt auf eine heiße Spur, die tief in der Vergangenheit – in der Blütezeit erzbischöflicher Herrschaft – wurzelt. Ein Roman, der die Salzburger Gegenwart und Geschichte zu einem furiosen Finale verknüpft.

Über den Autor Erwin Riess:

Erwin RiessErwin Riess (* 13. März 1957 in Wien) ist ein österreichischer Politikwissenschaftler, seit 1983 Rollstuhlfahrer, Behindertenaktivist und seit 1994 freier Schriftsteller. Er verfasst Theaterstücke, Hörspiele, Drehbücher und Prosa.

Nach der Schulzeit in Krems, Niederösterreich, studierte Riess an der Universität Wien Politik- und Theaterwissenschaft, wurde 1984 am Institut für Staatswissenschaft mit der Dissertation Ökonomische und staatliche Strukturen des österreichischen Kapitalismus im Aufriß zum Dr. phil. promoviert und arbeitete zunächst als Verlagslektor.

Nach einem Rückenmarkstumor selbst Rollstuhlbenutzer, engagiert er sich für die Anliegen behinderter Menschen in der Gesellschaft. Von 1984 bis 1994 war er wissenschaftlicher Referent für behindertengerechtes Bauen im österreichischen Wirtschaftsministerium. Er engagiert sich bei EUCREA, dem europäischen Netzwerk für Kreativität von und für Personen mit Behinderung.

1998 bis 2002 hatte er an der Universität Klagenfurt Gastprofessuren für Integrationspädagogik inne.

Seit 1994 lebt er als freier Schriftsteller. Bekannt wurde er als Theaterautor und Verfasser von absurden Kriminalromanen. 1998 war er Writer in Residence an der New York University. Er schreibt u.a. regelmäßig für die linken Zeitschriften Volksstimme und KONKRET über die politischen Verhältnisse in Österreich, wobei er insbesondere gesellschaftliche Kontinuitäten zum Nationalsozialismus kritisiert.

Erwin Riess lebt seit 2007 in Wien und Kärnten.

Erwin Riess‘ Stil zeichnet sich durch hintersinnigen Witz und eine omnipräsente, bis zum Sarkasmus gesteigerte Abrechnung mit der Ignoranz der Gesellschaft aus, der das Wort Barrierefreiheit unbekannt geblieben scheint.

Seine Figur des Floridsdorfer Rollstuhlfahrers und Schiffsfanatikers Groll (in Erzählungen und mittlerweile vier Romanen) kämpft in absurden Situationen gegen diese bei Architekten und Politikern gleichermaßen verbreitete Blindheit an.

Es ist jedoch nicht der Behinderung der Hauptperson geschuldet, dass die seltsamen Aufträge, die Groll vom in New York domizilierten Italiener Giordano erhält, jeweils desaströs enden: vielmehr lässt sich an den Geschichten beobachten, wie ein einzelner mit Humor und vor allem unerschöpflicher Ausdauer gegen das unfaire Wüten des Schicksals angeht und sich im Hindernislauf des Alltags behauptet.

Herr Groll und die Wölfe von Salzburg (Leseprobe):

Prolog

Am Abend des 4. Juli 1947 tobte zwischen Tennen-und Hagengebirge und dem Hochkönigmassiv ein verheerendes Gewitter. Unterhalb des Hochthron-gipfels löste sich ein Felssturz, er donnerte über eine Geröllrinne zu Tal, zerstörte auf ein paar hundert Metern die Gleise der Bundesbahn und kam erst in der Mitte der reißenden Salzach zum Stehen. Binnen Minuten überflutete der blockierte Fluß die Wiesen unterhalb der Marktgemeinde Werfen. In das Inferno hinein lief auf den Gleisen ein ÖBB- Beamter mit einer Sturmlaterne Richtung Bischofs- hofen. Der Eilzug von. Zell am See nach Salzburg-Stadt wurde in den nächsten Minuten erwartet, er würde in den Felssturz rasen und in die Salzach gerissen werden, hunderte Menschenleben waren in Gefahr. Von den Sturmböen gebeutelt und vom peitschenden Regen halbblind, taumelte der Eisenbahner von Schwelle zu Schwelle vorwärts. Die Laterne verzweifelt schwenkend, lief er dem Zug entgegen.

Alle paar Jahrzehnte ereignet sich in dem Talkessel ein Katastrophenunwetter. Die Bundesbahnen waren damals nicht in der Lage, die Geröllrinne durch Betonverbauungen zu sichern. Aus diesem Grund unterhielten sie an der Brücke zum Zaismann-Bauern, von dem die steile Auffahrt zu den Tropfsteinhöhlen der Eisriesenwelt ihren Ausgang nimmt, ein Bahnwärter häuschen. Der dort stationierte Beamte hatte nur eine Aufgabe: auf die ersten Anzeichen von Muren und Felsstürzen zu achten und Züge zu stoppen. Auch der Zugführer wußte um die gefährliche Stelle und reduzierte die Geschwindigkeit. Er konnte das schwankende Licht auf den Gleisen ausmachen und leitete eine Notbremsung ein. Sekunden später stürzte weiteres Geröll auf die Strecke. Wenige Meter vor dem Felssturz hielt der Zug an. Von dem Bahnbeamten, einem 32-jährigen Bergarbeitersohn aus Mühlbach, verheiratet und Vater dreier Kinder, war keine Spur. Seine Leiche tauchte nie auf. Man ging davon aus, daß sie in den Salzachöfen, einer tosenden Klamm unweit des Burgbergs, zerrissen wurde.

1. Kapitel
Keine Leiche im Kajak und kein Freund im Haubenrestaurant. Aber ein erster Kuß im Friedhof.

Auf den Tag genau vierundsiebzig Jahre nach der Rettung des Eilzuges führte ich den Dozenten unter- halb der Festung Hohenwerfen zu einem Gedenkstein zwischen Bahnübergang und Salzach. „Zur Erinnerung an Alois Kössner, der als Schrankenwärter in treuer Pflichterfüllung hier sein Leben verloren hat“, hieß es auf einer Tafel. Eine kleine, ovale Fotografie zeigte einen hageren Mann mit gescheiteltem Haar und Hider-Bärtchen. Der Gedenkstein war flankiert von gelber Schafgarbe und einer Krüppelföhre. Schweigend verharrten wir vor dem Mahnmal. Da tauchte neben dem Stein die flache Schnauze eines Schnellzugs auf, eine unwiderstehliche Kraft preßte uns gegen die Föhre, gefolgt von infernalischem Lärm. Als wir uns gefaßt hatten, war der Cityjet längst in die Kurve vor Imlau eingetaucht.

„Ein Held“, sagte der Dozent.
„Ein Mann, der seine Arbeit gemacht hat“, sagte ich.
„Es ist keine leichte Sache, jahrelang in die Nacht zu starren und Gewitter zu beobachten“, sagte der Dozent.
„Und im richtigen Moment loszulaufen, ist eine Glanztat. Ein Held, ich bestehe darauf.“
„Wie Sie meinen.“

In einem Geflecht von Wirbeln und Schaumkronen strömte die Salzach neben dem Gleiskörper dahin. Über dem Hochkönig wuchsen Wolkentürme in den Himmel. Als ich den Blick senkte, sah ich, wie sich aus dem milchigen Dunst ein Paddelboot löste. Es fuhr in gefährlicher Nähe zum Ufer.

„Ein mutiger Sportler!“, stieß der Dozent hervor. „Oder eine tollkühne Sportlerin“, setzte er. hinzu.
„Ein Idiot“, rief ich. „Oder ein Lebensmüder!“

Ich rollte ein paar Meter auf die Brücke, fischte meinen Feldstecher aus dem Rollstuhlnetz, verriegelte Josefs Bremsen und setzte das Glas an. Ich traute meinen Augen nicht. Der Paddler war ohne Helm unterwegs und steckte in einer Kluft, die ich auch bei den verrücktesten Wassersportiern noch nicht gesehen hatte, er trug ein Jackett. Der Dozent lief dem Kajak auf den Bahngleisen entgegen. Dabei ruderte er mit den Händen in der Luft. Das signalgelbe Boot wurde von der Strömung weiter ans Ufer gedrückt. Der Oberkörper des Kajakfahrers wippte vor und zurück. Die Bewegung nahm aber nicht vom Einsatz des Paddels ihren Ausgang. Es gab kein Paddel, es schien, als wären die Arme des Mannes hinter dem Rücken zusammengebunden. Das Boot würde in der nächsten Sekunde an den Felsen zerschellen und der Paddler mit den gefesselten Händen würde in die reißende Salzach kippen. Was für eine ausgefallene Methode, sich eines Menschen zu ent- ledigen, dachte ich noch, da sah ich den Dozenten behende über die Ufersteine turnen…

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Herr Groll und die Wölfe von Salzburg (Rezension zum Buch):

Im 8. Krimiroman der Herr Groll Reihe von Erwin Riess werden aktuelle Themen wie Umweltaktivismus, Rechtsextremismus und Verdrängung in Gegenwart und Vergangenheit behandelt.

Der Schauplatz ist diesmal Salzburg Stadt und Umgebung und die kuriosen Geschehnisse rund um die Salzburger Festspiele. Der rollstuhlfahrende Privatermittler Herr Groll verfolgt mit, wie Wölfe geistliche Würdenträger zerfleischen und gruselige, teilweise kopflose Puppen in Parks und auf Plätzen baumeln. Alle haben ein „Salzburg Manifesto“ bei sich.

Zudem soll Groll den verschwundenen Freund einer Fabrikantin und Festspielliebhaberin suchen. Diese trifft sich jedes Jahr zur Festspielzeit mit einem Engländer, der sich im Vorstand eines weltumspannenden Rohstoffkonzerns befindet.

Es wird eine Entführung befürchtet. Groll geht mit dem Sohn der Festspielliebhaberin, dem Dozenten, auf Spurensuche. Dieser Handlungsstrang bildet den roten Faden unter all den anderen Handlungssträngen.

Es scheint, als würde der aus Wien angereiste Herr Groll über ein allumfassendes Wissen um geschichtliche und gegenwärtige Sachverhalte verfügen, was es zuweilen schwer macht, Aspekten der Handlung zu folgen. Eine Randhandlung und eine Ablenkung von seinem Auftrag ergibt sich durch das Wiedersehen mit seiner Jugendliebe Elfi und eine neue Liebelei mit Goldrun.

Auch die Geschichte um längst verstorbene Salzburger Bischöfe hält ihn von einer zielstrebigen Suche nach dem englischen Herrn ab. Zwischendurch werden diverse berühmte Persönlichkeiten wie Schubert, Mozart, Oskar Werner oder Virginia Hill, einer Angehörigen der organisierten Kriminalität in den USA, die nach Salzburg floh, erwähnt und thematisiert. Auch spielen russische Söldnertruppen, die wohl von rechten Organisationen finanziert werden, eine Rolle.

Die für das Buch namensgebenden Wölfe, die in Salzburg ihr Unwesen treiben, attackieren ausschließlich uniformierte Männer und Geistliche.
Der etwas andere Krimi

Das Buch ist per definitionem ein Krimi, jedoch nicht im klassischen Sinn. Es entfaltet sich im Handlungsverlauf sehr viel Gesellschaftskritik, und zwar sowohl hinsichtlich der Vergangenheit, wie auch der Gegenwart und man blickt auf den sinnbildlichen Finger, der auf unangenehme Sachverhalte zeigt.

Allerdings verliert man recht schnell den Faden, da es sehr viele sich überschneidende Geschehnisse gibt. Der Autor und somit auch sein Alter Ego Groll brillieren jedenfalls mit geschichtlichem, kulturellem und politischem Hintergrundwissen und betten so die Kriminalgeschichte in einen komplexen Kontext ein. Leider macht es genau das so schwierig, sich auf die eigentliche Handlung zu fokussieren. Die verwendete Sprache ist sehr gewählt, die Sätze oft sehr lang. Das bremst den Lesefluss.

Fazit

Dieser Roman deckt eine düstere Vergangenheit auf und entwirft eine dystopische Zukunft. Somit ist das Buch durchaus als detaillierte Gesellschaftskritik zu interpretieren, die man aber nicht einfach nebenher lesen kann. Das Schmökern lohnt sich aber auf jeden Fall.

Quelle: Rezension von Timea Rebstock auf der Plattform BIZEPS

Presseberichte und weiterführende Links zum Buch:

Tageszeitung KURIER: Erwin Riess und die Nebensachen in „Herr Groll und die Wölfe von Salzburg“

OÖNa: Der nicht mit den Wölfen heult

Tanzschrift: Erwin Riess: Herr Groll und die Wölfe von Salzburg

„Café KPÖ“: Salzburger Katastrophen – Herr Groll ermittelt in der Salzburger Halbwelt

Alte Schmiede Wien: Erwin Riess – Herr Groll und die Wölfe von Salzburg


Lesung aus dem Buch und aus weiteren Texten von Erwin Riess

Weitere Kriminalromane aus der Reihe „HERR GROLL“ von Erwin Riess:

 

 

 

 

 

 

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